Priesterseminar Stuttgart
Wie kann mit Hilfe der Anthroposophie Rudolf Steiners ein zeitgemäßes religiöses Verhältnis zum Christentum gefunden werden? Diese Frage stand am Ausgangspunkt der Christengemeinschaft, eine Bewegung für religiöse Erneuerung, die Anfang des 20. Jahrhunderts gegründet wurde und die heute in vielen Ländern der Erde aktiv ist.
Das Priesterseminar Stuttgart bildet in einem vierjährigen Studium angehende Christengemeinschafts-Priester aus. Das Studium gliedert sich in ein jeweils zweijähriges Grund- und Aufbaustudium und beinhaltet neben theologischen Elementen auch erkenntnistheoretische, naturwissenschaftliche und künstlerische Aspekte.
-
Priester bei der Christengemeinschaft
Inmitten der vielen religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften unserer Zeit tritt die Christengemeinschaft mit einem eigenen christlichen Gemeindeleben auf. Dieses beruht zum einen auf der Erneuerung und Fortbildung des christlichen Gottesdienstes, der Messe, zur Menschen-Weihehandlung. Zum anderen gibt es ein neues christliches Bekenntnis (Credo), in dem die Wahrheit des christlichen Glaubens in einer unserer Zeit gemässen Form enthalten ist. Gottesdienst und Bekenntnis leben durch die gemeinsame und individuelle religiöse Übung der Gläubigen. Zu dieser gehört auch ein neuer Umgang mit dem Evangelium und dem Gebet. Die Christengemeinschaft ist also Sakramentsgemeinschaft. Taufe, Konfirmation, Beichte, Trauung, Priesterweihe und Letzte Ölung sind mit dem Zentralsakrament, der Menschen-Weihehandlung, verbunden. Ein Kindergottesdienst und altersgerechte religiöse Unterweisung, die Pflege eines vertieften und erweiterten Verständnisses des Neuen Testaments, Beratung und Seelsorge nach den Erwartungen derer, die darum nachsuchen, Vorbereitung der Sakramente und deren Vollzug, Bestattung und Fürbitte sind wesentliche Lebensfunktionen des Gemeindewesens.
Die Priester in der Christengemeinschaft haben vielfältige Aufgaben. Drei grundlegende Orientierungen werden mit der Priesterweihe veranlagt: Die Verkündigung, das Lehren in Gedankenfreiheit, das Zelebrieren des Kultus, die Bildung und seelsorgerliche Begleitung der Gemeinde. Aus diesen Bereichen lassen sich die Kompetenzen ableiten, über die ein Priester verfügen sollte: die geistige, sprachliche und soziale Kompetenz. Unsere Ausbildung zielt auf die Entwicklung und Entfaltung solcher Fähigkeiten: im Bereich der geistigen Schöpferkraft und Originalität, im Bereich der Sprache und des Sprechens und im Bereich des sozialen Umgangs mit anderen Menschen.
-
Studiengänge
Das Studium beginnt in der Regel am letzten Sonntag im September. Die beiden ersten Studienjahre sind in jeweils drei zehn- bis elfwöchige Trimester aufgeteilt. Als drittes Ausbildungsjahr schließt sich ein praktisches Jahr in einer Gemeinde an. Ihm folgt der Vorbereitungskurs auf die Weihe.
ABSCHLUSS | Priesterweihe, Aufnahme als Priester in die Christengemeinschaft
DAUER | Grundstudium 2 Jahre | Vertiefungsstudium 1,5 Jahre
VORAUSSETZUNG | Im Regelfall Allgemeine Hochschulreife oder ein ihr entsprechender Schulabschluss sowie ein persönliches Aufnahmegespräch
Erstes Jahr
Neben theologisch-religiösen Themen (Evangelien, Credo, Altes Testament, Sakramentenkunde) spielen im ersten Jahr auch die philosophischen (Scholastik, deutscher Idealismus, Erkenntnistheorie und andere Themen aus der Anthroposophie) sowie naturwissenschaftlichen Inhalte (Farbenlehre, Botanik, Geologie u.a.) eine wichtige Rolle. Eurythmie, Plastizieren, Bothmer- Gymnastik unterstützen das rechte Verhältnis zur eigenen Leiblichkeit und durch diese die gesunde Beziehung zur Welt. Der Griechischunterricht soll den Studenten die Möglichkeit geben, einmal das Neue Testament in der Originalsprache verstehen zu können.
Das erste Jahr kann auch als allgemeines Bildungs- und Orientierungsjahr absolviert werden ohne den Wunsch, Priester zu werden. Als Voraussetzung für das Studium genügt der Wunsch, sich eine Zeit lang mit Fragen und Inhalten zu beschäftigen, die die tieferen Schichten des Daseins und des eigenen Lebens betreffen, und im eigenen Üben zu erfahren, welche Bedeutung der Kultus der Christengemeinschaft in diesem Zusammenhang hat.
Zweites Jahr
Im zweiten Jahr verlagert sich das Gewicht von einer allgemein-priesterlichen Ausbildung stärker hin zur Aneignung von Fähigkeiten, die für eine künftige Priestertätigkeit notwendig sind. Religionspädagogik, Gesprächsführung, Menschenkunde, Predigtübungen stehen jetzt neben Hauptkursen, die den Inhalt des Grundstudiums vertiefen sollen, im Kursprogramm. Auch die wöchentliche Evangelienarbeit geht mehr und mehr in die Eigenverantwortung der Studenten über.
Praktisches Jahr
Das dritte Studienjahr ist praktisch orientiert. Jeder Student geht in eine konkrete Gemeindesituation, in der er die am Seminar erworbenen Fähigkeiten anfänglich bereits umsetzen soll. Hier zeigt sich, ob neben den inneren Schritten, die im Studium gegangen werden können, auch die Möglichkeiten, im sozialen Zusammenhang zu wirken, vorhanden sind bzw. entwickelt werden können.
Vorbereitungskurs auf die Weihe
In einem ca. viermonatigen Kurs bereiten sich die Kandidaten auf die eigentliche Priesterweihe vor, um drei Wochen später dann ihre Arbeit in den Gemeinden aufzunehmen. Über die Aufnahme in den Vorbereitungskurs entscheidet der Siebenerkreis, das Leitungsgremium der Priester der Christengemeinschaft.
-
Das Priesterseminar Stuttgart
Das Priesterseminar der Christengemeinschaft in Stuttgart gibt es seit 1933. Stuttgart liegt in einer Region, die neben dem Ruhrgebiet den anderen industriellen Schwerpunkt Deutschlands bildet, von wo aus die Industrieprodukte in alle Welt gehen. Auf der anderen Seite hatte diese Region immer eine herausragende Bedeutung für das deutsche Geistesleben, heute für die Anthroposophie. Die Polarität zwischen Geistesleben und Wirtschaftsleben ist charakteristisch für die Arbeitsatmosphäre an diesem Ort.
Am Priesterseminar studieren in der Regel zwischen 30 und 40 Studenten aus allen Erdteilen in drei Ausbildungsjahrgängen, wovon der dritte außerhalb des Seminars als „Praktisches Jahr” stattfindet. Daran kann sich eine halbjährige Vorbereitungszeit auf die Priesterweihe anschließen. So beträgt die Regelstudienzeit bis zur Priesterweihe dreieinhalb Jahre. Es gibt aber individuelle Abweichungen davon.
-
Veranstaltungen