Ein Bericht von Chiara Plischke.

»Das Leben ist wie Fahrrad fahren. Um die Balance zu halten, musst du in Bewegung bleiben.« – Albert Einstein

In unserer Zeit wird es immer wichtiger, eine gesunde, harmonische Balance im Leben zu finden. Dies bedeutet jedoch, dass man sich über jene Dinge bewusst werden muss, die nicht im Gleichgewicht sind. Ein Bewusstsein über seine eigene persönliche Entwicklung haben und mit dieser sich zu bewegen, bedeutet, innerlich beweglich zu bleiben. Wenn diese Bewegung über einen längeren Zeitraum stagniert, der Mensch also im Ungleichgewicht steht, wird er krank. Da die Krankheitssymptome so ver­schieden und individuell sind, müsste man sich erst der Frage  zuwenden, warum über­haupt jemand krank wird – um sich dann nicht der Frage widmen zu müssen, wie man Krankheit verhindert, sondern, wie man erfolgreich in Balance lebt und beweglich bleibt.
Zuerst gilt es zu verstehen, dass Krankheit immer die Chance für Wachstum bietet. Es geht um Verständnis dafür, seine Krankheit annehmen und die Erwartungshaltungen aufgeben zu müssen, die uns an unserer Entwicklung hindern. Es ist utopischer Idealismus, immer in reinster Harmonie schwelgen zu wollen, doch fällt es uns schwer, unsere Erwartungen in Balance zu halten. Hat der Mensch geringe Erwartungen, so wird er vielleicht weniger enttäuscht, doch hat auch er noch eine große Angst vor diesen Enttäuschungen. Ragen seine Erwartungen über die realen Möglichkeiten weit hinaus, dann sind Enttäuschungen vorprogrammiert, da wir uns einem illusionären Bild hingeben. In beiden Fällen geht es um Enttäuschungen, mit denen wir in Resonanz treten. Es ist hier nicht davon die Rede, diese Erwartungen ins schlechte Licht zu rücken. Doch können wir, wenn wir den Fokus auf das Sich-hingeben richten, um dadurch die Essenz der momentanen Situation zu erspüren, die Krankheit besser annehmen und begreifen. Da Krankheiten viel mehr bedeuten, als dass wir ihre Symptome wahrnehmen, kann die Harmonie im Leben, die man zu finden versucht, als ein innerer Schulungsweg beschrieben werden. Dieser definiert sich wesentlich durch unsere Prägung von zahlreichen Faktoren wie Umwelt, Beziehungen, Kultur, Selbstbild usw.
Jeder sollte wissen, dass sein Körper die Kraft hat, jeden Widerstand zu überstehen und diesen ins Positive umzukehren.
So möchte ich meine ganz individuelle Erfahrung mit dem Thema Krankheit hier anfügen, um auch in diesem Text in die Balance zwischen innerem und äußerem Erleben zu kommen. Das Thema Krankheit beschäftigt mich schon über einen längeren Zeitraum, da meine Schilddrüse mir Lernprozesse aufzeigen will, die ich sonst nicht für möglich gehalten hätte. Das war mir anfangs aber nicht bewusst. Ich hatte gespürt, dass sich etwas verändert: Mein Körper war abrupt außer Balance geraten und ich hatte eine starke Überfunktion mit all den Symptomen, die man sich dazu vorstellen kann. Wenn ich auf damals zurückblicke, bin ich manchmal erstaunt, welche Kraft ich aufwenden musste, um die täglichen Her­ausforderungen zu meistern – eine Kraft, die Extremes bewältigen musste. Ich denke, dass alle Krankheiten, die mit stärkeren physischen Leiden einhergehen, so eine Kraft benötigen. Aber diese Kraft muss man erkennen – und nutzen. Jeder sollte wissen, dass sein Körper die Kraft hat, jeden Widerstand zu überstehen und diesen ins Positive umzukehren. Das ist eine Lebensaufgabe. Sich nicht in einzelnen Symptomen zu verfangen, die an der Balance zerren, sondern ein positives inneres Bild zu erschaffen und an diesem festzuhalten – so lange, bis es Realität wird. Nicht allem Glauben schenken, was gerade nicht gut ist, sondern sich schrittweise Veränderungen wid­men. Krankheiten bringen immer ein see­lisches Ungleichgewicht mit sich. Doch nur aus einem Ungleichgewicht heraus kann, durch neue Prozesse, ein höheres Gleichgewicht entstehen. Indem ich meine Krankheit durchlebte, lernte ich genau hinzuhören, was meinem Körper, meinem Geist und meiner Seele gut bekommt. Vor allem bemerkte ich, dass mir die neu kennengelernte Intuition hilft, zu vertrauen und das, was ansteht, zu verändern.
Viele Menschen fühlen sich als Opfer des Leids, jedoch gibt es Möglichkeiten, aus dem Leid herauszukommen und umzudenken.
Aber warum werde ich überhaupt krank? Warum haben wir Krankheiten? Warum gibt es Leid? All das sind Fragen, die mir begegneten. Krankheiten drücken offen­sicht­lich aus, dass sich im Körper etwas nicht im Gleichgewicht befindet oder dass sich ein seeli­sches oder geistiges Ungleichgewicht im Körper manifestiert hat. Wenn man so da­rü­ber nachdenkt, dann ist dieser Prozess voll­kommen natürlich. Der Körper macht uns gezielt darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt. Nun gibt es natürlich schwerwiegende Krankheiten, wo diese Frage nicht so leicht zu beantworten ist. Jede Krankheit in einem größeren Zusammenhang zu sehen und sich von seinem durch schmerzhafte Empfindungen ge­prägten Gedankensog zu lösen, stellt sich als herausfordernd dar, da dieser für uns die Reali­tät bildet. Viele Menschen fühlen sich als Opfer des Leids, jedoch gibt es Möglichkeiten, aus dem Leid herauszukommen und umzudenken. Da ich jede Sekunde die Wahl habe, wie ich mit dem Schmerz umgehe, bringt dies den Gedanken mit sich: Ich darf fühlen, was ich fühle, es ist vollkommen in Ordnung, aber ich habe es in jeder Sekunde verdient, mich gut zu fühlen. Mein kranker physischer Körper hat somit geringeren Einfluss auf mein Gefühls- und Gedankenleben. Dabei denke ich an viele Menschen, die schwere Krankheitsverläufe erleiden und die ihre Kraft nicht aus ihrem physischem Körper nehmen, sondern von innen. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich mit höheren Kräften zu verbinden, die nicht im physischen Körper zu finden sind. Jedes einzelne Individuum hat die Möglichkeit, Hilfe durch höhere Kräfte zu erleben und somit Heilung zu erfahren. Die Energieform, die wir dabei wahrnehmen, ist eine von vielen in unserer mehrdimensionalen Welt. Die übersinnliche Welt ist eine, von der wir nicht nur viel lernen können, sondern aus der heraus wir – beim bewussten Vertrauen in sie –  manchmal sogar Spontanheilungen erfahren dür­fen. Unser physisches Dasein bedeutet le­dig­lich eine Energieform, die das Instrument unserer Transformation ist.
Die Balance zwischen geistigem Wachstum, seelischem Empfinden und phy­sischer Konstitution zu halten, ist eine Aufgabe, die Selbst-Bewusstsein verlangt.
Damit ist unser Körper ein Träger bestimmter Erfahrungen; wir können jedoch Zugang zu allen Energieformen haben. Vor allem schwere Krankheiten haben seelische und geistige Ursprünge. Um den jeweiligen Ursprung zu ergründen, ist es nicht nur hilfreich, sich mit seinem Emotionalkörper, seinen Em­pfin­dungen zu beschäftigen, sondern auch in den eigenen geistigen Ursprung ein­zutauchen, übernommene Muster und Zusammenhänge zu erkennen und den oft weit zurückliegenden Kern des Problems zu entschlüsseln. Unsere Seele ist geistig verstrickt, darum ist der Krankheitsprozess immer auch ein geistiger Prozess. Die Balance zwischen geistigem Wachstum, seelischem Empfinden und phy­sischer Konstitution zu halten, ist eine Aufgabe, die Selbst-Bewusstsein verlangt.
Dankbarkeit ist ein weiterer Schlüssel, der mir viele Türen öffnete: Dankbarkeit gegenüber mir selbst, meinen Mitmenschen, meiner Situation und meinen innersten Empfindungen, Schmerzen, Sehnsüchten, Wünschen und Bedürfnissen.

Chiara Plischke studiert am Eurythmeum im 3. Studienjahr Eurythmie.