Vortragsbericht bA18 von Annabell Giesmann, Waldorferzieherseminaristin.
Helmy Abouleish kommt gerade aus dem 26°C heißen Ägypten zu uns nach Stuttgart, wo es ca. -10°C kalt ist. Er kommt von der Sekem Farm, in der Nähe von Kairo, wo Menschen in einer Gemeinschaft leben, arbeiten und lernen. Sein Vater, Ibrahim Abouleish, hatte eine Vision von einer Gemeinschaft, in der die Entwicklung des einzelnen Menschen und der Menschheit im Vordergrund stehen:
„Wir streben nach einer nachhaltigen Gemeinschaft, in der jeder Mensch sein individuelles Potential entfalten kann, in der die Menschen in einem lebendigen Organismus zusammen leben und alle wirtschaftlichen Aktivitäten im Einklang mit ökologischen und ethischen Prinzipien durchgeführt werden.“
Eine Vision von etwas, was es noch nicht gibt und was als unmöglich erscheint, zu verwirklichen, bedeutet Mut zu haben. Man muss sich selbst und der Idee vertrauen. Es heißt, dazu zu stehen, auch wenn fast alle Menschen um einen herum der Meinung sind, dass diese Vision unmöglich ist und dass es nicht funktionieren wird, diese umzusetzen. Gerade dann ist es ein Zeichen dafür, dass es ein neuer Zukunftsimpuls ist, etwas was es bisher noch nicht gegeben hat. Etwas was die Menschen in dem Umfang noch nicht kennen, aber was die Entwicklung der Menschen weiter bringen wird.
Vor fast vierzig Jahren ist Sekem entstanden, weil Ibrahim Abouleish und ein paar andere dafür gekämpft haben und ihr Vertrauen in die Idee steckten.
Wo Sekem heute ist, war vor vierzig Jahren noch eine trockene Wüste. Auf diesem Wüstenland sollte eine Oase entstehen. Fast unmöglich aus diesem trockenen Sand und Gestein einen fruchtbaren Boden zu machen. Doch Ibrahim Abouleish vertraute seinem Gefühl und grub mit ein paar Menschen einen tiefen Brunnen, um an Wasser zu gelangen. Nach einem langen Kampf und starken, körperlichen und seelischen Durchhalten kam Wasser zum Vorschein. Einige Zeit später konnte man die ersten schattenspendenden Bäume pflanzen. Alles bisher nur mit wenigen Mitstreitern. Viele, wirklich viele Menschen konnten diesen Aufbau nicht mitunterstützen, weil die meisten sich diese Dimensionen der Vision nicht vorstellen konnten und die Verwirklichung erst recht nicht. Doch Ibrahim Abouleish setzte sich für seine Vision ein und es entwickelte sich über die Jahre eine kleine und immer größer werdende Oase in der Wüste. Eins der ersten Häuser dort war das Rundhaus. Danach kamen Häuser für die späteren wirtschaftlichen Gründungen und für die Bildung und Kultur. Es entstanden kleine Firmen wie z. B. für die Herstellung von Tees und Heilmitteln, eine Näherei und einiges mehr. Es wurde ein medizinisches Zentrum gegründet und ein Kindergarten, eine Schule, eine Berufsschule und eine Universität, die zu den angesehensten in ganz Ägypten gehört. Es ist wirklich ein Wunder, was dort alles aufgebaut wurde und noch weiter entwickelt wird.
Viele, wirklich viele Menschen konnten diesen Aufbau nicht mitunterstützen, weil die meisten sich diese Dimensionen der Vision nicht vorstellen konnten und die Verwirklichung erst recht nicht. Doch Ibrahim Abouleish setzte sich für seine Vision ein und es entwickelte sich über die Jahre eine kleine und immer größer werdende Oase in der Wüste.
In den letzten vierzig Jahren, bis heute, wurde schon sehr viel auf Sekem erreicht. Doch fertig und vollendet ist Sekem noch lange nicht. Eine Entwicklung ist ständig in Bewegung und so muss man sich auch heute fragen, wo Sekem in dreißig oder vierzig Jahren stehen soll. Man muss sich fragen, was die Visionen für die Zukunft sind und überlegen wie man sie umsetzen und weiter entwickeln kann. Einige Zukunftsvisionen nannte uns Helmy Abouleish. Auf der Sekem Farm wird viel biologisch-dynamische Landwirtschaf betrieben und die daraus folgenden Produkte werden zum größten Teil im eigenen Land verkauft. Doch um diese Landwirtschaft vollständig zu betreiben, werden einige Präparate und Dünger aus dem Ausland importiert. In Zukunft soll alles auf der Sekem-Farm hergestellt werden, sodass hundert Prozent aus eigenem Anbau und somit aus dem eigenen Land kommt. Eine andere Vision ist, dass nachdem Sekem jetzt ein Vorbild für biologisch-dynamische Landwirtschaft in Ägypten geworden ist, auf dem ganzen ägyptischen Boden biologisch-dynamische Landwirtschaft betrieben werden kann.
Ein anderer sehr wichtiger Bereich in dem sich in den nächsten Jahren etwas ändern muss, ist die Bildung. Es ist nicht mehr an der Zeit, dass ein Lehrer vor einer Klasse steht und den jeweiligen Stoff referiert. Es muss sich eine neue Form der Bildung finden, sodass wirklich die menschliche Entwicklung im Vordergrund steht und der individuelle Mensch sich zu einem freien Wesen entfalten kann.
Es ist nicht mehr an der Zeit, dass ein Lehrer vor einer Klasse steht und den jeweiligen Stoff referiert. Es muss sich eine neue Form der Bildung finden, sodass wirklich die menschliche Entwicklung im Vordergrund steht und der individuelle Mensch sich zu einem freien Wesen entfalten kann.
Sekem ist ein großes Vorbild dafür, einen Weg zu finden, die Welt zu verbessern und die Zukunft so zu gestalten, dass wir Menschen in einer nachhaltigen und würdevollen Gemeinschaft leben, arbeiten und mit- und voneinander lernen können. Und obwohl Sekem schon soviel wundervolles erreicht und bewirkt hat, wird trotzdem der Blick in die Zukunft gerichtet. Wo steht der Mensch in fünfzig Jahren und an welchen Stellen müssen wir etwas verändern? Es wird konkret geschaut, wo man anfangen und wie man die Zukunftsideen sinnvoll umsetzen kann.
Jeder Einzelne von uns muss sich selbst und seiner Vision vertrauen und vielleicht schaffen wir es gemeinsam, ein Wunder zu verwirklichen, bei dem die menschliche Entwicklung, wie auf Sekem, im Fokus steht.
Und so sollten wir uns doch alle die Frage stellen: Welche ersten Schritte können wir konkret machen und die Zukunft verändern, um würdevoll, gemeinsam zu leben, arbeiten und zu lernen und somit an der Entwicklung der Menschheit und jedes einzelnen, individuellen Menschen etwas Sinnvolles beizutragen? Ist nicht um uns herum schon so viel Potential vorhanden, dass wir nur den Mut haben müssen die ersten Schritte endlich zu tun und etwas in Bewegung zu setzen, um in zwanzig Jahren vielleicht auch zurück blicken zu können und zu sehen, was wir erreicht haben und wie wir daran etwas Zukünftiges weiterentwickeln können? Jeder Einzelne von uns muss sich selbst und seiner Vision vertrauen und vielleicht schaffen wir es gemeinsam, ein Wunder zu verwirklichen, bei dem die menschliche Entwicklung, wie auf Sekem, im Fokus steht.