Vortrags-Traum bA18 von Daniel Lesigang, Priesterseminarist, bA-Kernteam.

Vorbemerkung: Der Vortrag von Johannes Greiner ging mir noch länger nach und es fiel mir nicht leicht, ihn zu einem Bericht zusammenzufassen. Nach mehreren Ansätzen wurde daraus eine traumartige Geschichte, die ich hier wiedergebe:

Von dem abstrakten, starren Begriff der Würde, von dem intellektuellen, unantastbaren hohen Ziel erschlagen, fast ohnmächtig, versuche ich mich aufzurichten. Dunkelheit. Wo bin ich? Tastend, ahnend, gleiche ich einem Neugeborenen, gestrandet an der Insel des Verstandes. Rauschen. Und da, war da nicht etwas. Ist da jemand? Zuerst leise, verhalten, dann betonter und klarer höre ich die Worte:

„Wisse. Wisse. Ich kam. Wisse, ich kam vom Ende der Welt.“

Immer deutlicher, vor mir, hinter mir, ja von allen Seiten vernehme ich die Wörter. Vorsichtig öffne ich meine Augen. Dichter Nebel. Ich richte mich auf. Noch wankend sehe ich ringsum ein dutzend Silhouetten stehen. Kurz überlege ich, mich wieder hinzulegen. Mein Herz pocht. Ich schließe noch einmal meine Augen, spüre den Sand unter meinen Füßen. Ich bin Barfuss. Als ich die Augen wieder öffne, steht ein Mensch vor mir. Er reicht mir ein Glas Wasser. Sein Blick ist weich und durchdringend. Ich trinke. Komme an. Ein warmes Gefühl breitet sich in meiner Brust aus. Langsam lichtet sich der Nebel. Ein weiterer Mensch tritt hinzu. In seiner Hand ein weißes Gewand. Jetzt erst bemerke ich, dass ich nackt bin. Ich bedanke mich und im selben Moment fallen die ersten Sonnenstrahlen über die fremde Landschaft. Vor mir erstreckt sich ein weites Tal. Über den grünen, saftigen Wiesen trotzt noch der verbleibende Nebel und aus den Baumriesen ertönt ein fröhlicher Chor. Ein warmer Lufthauch streift mich. Wo bin ich hier?

Ich drehe mich um und erschrecke. Hinter mir gähnende Leere. Das Licht ist trübe und in ein paar Meter Entfernung liegen meine Schuhe und meine alten Klamotten. Das Nichts zieht mich an, meine Beine werden schwer. Mit letzter Kraft drehe ich mich wieder um und trete über die Schwelle.

„Kannst du mir sagen wo ich hier bin?“ „Du bist in Shambala“, antwortet das Kind.

Unverändert stehen da diese weißen Gestalten. Aufrecht, ja ich glaube würdevoll. Ein Kind kommt mir entgegen reicht mir die Hand und schaut mich schweigend an. Ein Moment der Ewigkeit vergeht. Sein Blick geht so tief und ist gleichzeitig so freilassend und gütig, dass ich mich frage, ob ich schon einmal so angeschaut wurde. Ja eigentlich fühle ich mich gar nicht angeschaut, sondern in meinem ganzen Wesen gesehen. Ohne mich dafür zu schämen oder mich verstecken zu wollen.

„Kannst du mir sagen wo ich hier bin?“ „Du bist in Shambala“, antwortet das Kind. Wenn du willst, dann erzähl ich dir ein bisschen. Komm mit. Hand in Hand gehen wir los, ein wenig bergab in das Tal, vorbei an Blumen und Blüten, in Formen und Farben wie ich sie noch nie erblickt habe. Hier in Shambala, leben wir in Frieden und Verbundenheit mit der Natur. Wir erschaffen uns unsere Häuser und Gegenstände die wir brauchen durch Gedankenkraft. Nur unsere Tempel bauen wir noch mit unseren Händen. Siehst du die großen Bäume da drüben? Das sind unsere alten Weisen. Von ihnen haben wir viel gelernt. Sie begleiten die Menschheit schon seit vielen tausenden Jahren. Sie haben mir auch von einer Zeit erzählt, da der Mensch die Verbindung zu Natur verloren hatte. Die Menschen waren damals so selbstbezogenen, dass sie sich immer mehr entfremdeten. Sie entwickelten Maschinen, in dem Glauben eine Welt voller Wohlstand und Freiheit für jeden zu erschaffen. Doch als genug für alle da war, begannen sie sich darum zu streiten. Immer mächtigere Maschinen wurden gebaut und mit der Zeit wurde auch der Mensch immer mehr Maschine. In dem Wahn, die vernichtendste aller Waffen zu bauen um damit die Weltherrschaft zu erlangen, schlossen sich einige Erdbewohner zusammen und begingen das größte Verbrechen unserer Geschichte. Um an den Urkern des stofflichen Seins und seiner gebündelten Energie zu gelangen experimentierten Sie an Mensch und Materie. Immer grausamer und entwürdigender gingen sie vor und mit jedem Ich das zerbrach näherten sie sich ihrem Ziel ein wenig mehr. Das Heiligste im Menschen musste zugrunde gehen um die Atombombe zu bauen. Gleichzeitig aber, und damit hatte niemand gerechnet, gab es auch Menschen, die sich ihre Würde nicht rauben ließen. Sie gingen unter der schrecklichsten Folter in den Tod aber blieben standhaft. Durch Sie wurde in all der Finsternis auch etwas geboren, was von nun an zu keimen begann. Es waren vor allem diese Seelen und die Kraft von Christus, die über viele, viele Jahren diesen Bäumen Mut zugesprochen haben.

„Die Menschen waren damals so selbstbezogenen, dass sie sich immer mehr entfremdeten. Sie entwickelten Maschinen, in dem Glauben eine Welt voller Wohlstand und Freiheit für jeden zu erschaffen. Doch als genug für alle da war, begannen sie sich darum zu streiten.“

„Du musst wissen, die Bäume und die Natur Sie haben schon vor langer Zeit die Zukunft der Menschheit geschaut. Jeder Baum, ja jeder Grashalm, kennt Christus. Doch in dieser Zeit von der ich dir erzähle, herrschten so viele Dämonen auf der Erde, dass auch die alten, weisen Bäume verunsichert waren. Die Elemtarwesen zogen sich mehr und mehr zurück und die Welt wurde immer grauer und grauer. Es gab eine Stadt in Deutschland, wenn ich mich recht erinnere hieß sie Stuttgart, wo sich eines Tages viele junge Menschen versammelten um gemeinsam für die Erde und die Menschen zu beten. Es war ein lebendiges, gelebtes Gebet. Durch die Kraft dieser Menschengemeinschaft kam wieder mehr Licht in die Welt und bald bildeten sich auch in anderen Städten Gemeinden…“

Aus der Ferne ertönt ein Jubelchor. Lautes Klatschen. Ich schrecke auf. Ich befinde mich in einer der letzten Reihen im großen Festsaal im Rudolf-Steiner Haus. Ich muss wohl eingeschlafen sein.

Aus der Ferne ertönt ein Jubelchor. Lautes Klatschen. Ich schrecke auf. Ich befinde mich in einer der letzten Reihen im großen Festsaal im Rudolf-Steiner Haus. Ich muss wohl eingeschlafen sein. Schade eigentlich, ich habe mich auf den Vortrag von Johannes Greiner gefreut. Als der Applaus zu Ende ist, drehe ich mich zu meinem Sitznachbarn, einem älteren, nachdenklich wirkenden Anthroposophen. Ich frage ihn ob ich etwas verpasst hätte. Er antwortet kühl und trocken: Nein, ich denke Sie haben nichts verpasst. Im Großen und Ganzen wurde einmal die Zauberkiste geöffnet. Wieder einmal so eine Initiation im Schnelldurchlauf. Schade, denke ich mir. Ich war noch bei keiner Initiation dabei… Noch ein wenig benommen verlasse ich den Saal. Vor mir im Innenhof sehe ich einen Baum. Ich öffne die Türe, trete über die Schwelle und nehme einen tiefen Atemzug der kalten Luft. Dann umarme ich den Baum. Ist mir doch egal was die anderen von mir denken… irgendwie fühle ich mich erfrischt. Hat mir wohl gut getan der kurze Schlaf. Ich schaue in den Himmel und denke: „Das Licht ist heute irgendwie anders als sonst…“