Aus aktuellem Anlass haben wir unseren campusA-Initiativkreis zur gegenwärtigen Lage in den verschiedenen Bildungseinrichtungen am campusA drei Fragen gestellt. In diesem Beitrag befragte Andreas Kehl (Koordinationsbüro) Armin Kretschmann, seit Sommer 2016 Dozent für Methodik am Waldorferzieherseminar-Seminar Stuttgart tätig.

Andreas Kehl: Wie beeinflusst die aktuelle Situation die Entwicklungen in Ihrer Einrichtung?

Armin Kretschmann: Es gab bzw. gibt für mich verschiedene Ebenen, auf denen wir fieberhaft aktiv wurden, bzw. immer noch sind:
– Prüfungsvorbereitung: analoge Vertiefungskurse finden ab dem 04.05. im Seminar statt, die beiden Prüfungsklassen kommen zum Großteil dann zum Unterricht wieder. Am 18.05. findet die zentrale schriftliche Prüfung statt. Diese muss organisiert, räumlich geplant und ‚hygienisch‘ durchgeführt werden.
– Überhaupt musste sich eine Delegation mit dem Thema ‚Hygiene‘ am Seminar auseinandersetzen und einen Hygiene-Plan entwickeln.
– Online-Unterrichte: wir haben uns auf die Lern-Plattform moodle begeben und mussten uns schulen und schnell Unterrichte in dieser Form entwickeln.
– Praxisbesuche: es war lange unklar, was möglich ist?! Nun ist klar: es ist so gut wie unmöglich Praxis-Besuche durchzuführen. Nun haben wir ein Bewertung-Problem, welches wir regeln müssen.

Wir haben unsere Konferenz-Arbeit sehr bald, eingeschränkt aber regelmäßig wieder aufgenommen. Die Schulleitung musste viele Dinge bearbeiten, die ich als Dozent nicht so deutlich wahrgenommen habe. Es ist für den/die Einzelne(n) nicht so einfach, dabei nicht den Überblick zu verlieren. Wir lernen gerade täglich neue Schnittstellen im Gesamtablauf wahrzunehmen, die besonders bedacht werden müssen: Learning by Doing!

A.K.: Welche Chancen oder Gefahren sehen Sie in dieser Entwicklung?

A.K.: Die Chance ist: im Umgang mit der Verwaltung von Unterrichtsmaterialien eigentlich über die Plattform eine Entlastung zu erreichen. Die Gefahr: das Material alleine ist noch lange kein Unterricht. Wir haben z.B. ein Gefälle zwischen Muttersprachler*innen und nicht-Deutsch-Sprachigen entdeckt, das im online-Unterricht nicht so gut ausgeglichen werden kann, wie im direkten Gespräch. Unterricht bzw. Lernen braucht Begegnung auch über die Einrichtung hinaus!

Für die Zukunft könnte eine digitale Ergänzung des Unterrichts in Echtzeit sich als sinnvolle Unterstützung entwickeln. Ersetzen wird der digitale Unterricht den in allerdings Echtzeit nicht. Wir wollen unsere Unterrichte auch als Gruppenprozesse gestalten und erlebbar machen, damit unsere Seminarist*Innen diese Qualität auch für ihre Pädagogik erleben und erkennen.

Armin Kretschmann, Diplom- (Studium an den Universitäten in Freiburg und Kiel) und Heil-Pädagoge (anthroposophische Ausbildung am Bernard-Lievegoed-Institut). Von 1997 bis 2016 Gruppenleitung, Heilpädagoge u Kindergartenleitung in Waldorfkindergärten in Schleswig-Holstein, eine 6-monatige Krankheitsvertretung in einem KiGa auf Grundlage der Reggio-Pädagogik) seit Sommer 2016 Dozent für Methodik am Waldorferzieherseminar-Seminar Stuttgart